Schauspieler Dietmar Bär: "High Heels geben einem sofort eine andere Körperhaltung"

© Jeanne Degraa
Dietmar Bär leiht im Animationsfilm "Pets 2" einem Neufundländer seine Stimme. Im Interview erzählt er, was Synchronsprechen mit Theaterspielen zu tun hat - und welche Haustiere er als Kind hatte.
Spiegel Online
30.06.2019
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Zur Person
Dietmar Bär, Jahrgang 1961, leiht im Animationsfilm "Pets 2" dem zotteligen Neufundländer Duke seine Stimme. Bevor er beim "Tatort" als Kriminalkommissar Freddy Schenk anheuerte, spielte er dort einen Hooligan. In diesem Jahr dreht er seine 80. Kölner "Tatort"-Folge. Am Frankfurter Schauspiel steht er zur Zeit als Bürgermeisterkandidat auf der Bühne. Seine tierischen Abenteuer in "Pets 2" erlebt Dietmar Bär mit vielen bekannten Kollegen, unter ihnen Jan Josef Liefers, Mario Barth und Jella Haase. Der Computer-Animationsfilm läuft seit dem 27. Juni in deutschen Kinos.

SPIEGEL ONLINE: Sie leihen in "Pets 2" Duke, einem brummigen, gemütlichen Neufundländer, Ihre Stimme. Welche Ähnlichkeiten haben Sie zwischen sich und Duke entdeckt?

Bär: Man muss ja nicht aussehen wie ein Neufundländer oder sein wie Duke. Es kommt nur auf die Stimme an. Allerdings wäre ich als Gidget - das ist der kleine Spitz - wohl nicht gut besetzt, denn sicher stellen sich die meisten vor, dass Duke von jemandem gesprochen wird, der ein bisschen größer und breiter ist. Auf jeden Fall kann Duke nicht von einem älteren Herrn gesprochen werden, der beim Sprechen einschläft. Duke ist sehr lebendig und lebt nach der Devise: Mein Napf ist immer halb voll.

SPIEGEL ONLINE: Ist das auch Ihr Lebensmotto?

Bär: Diese Frage höre ich oft: Was steckt von Dietmar Bär in Duke oder dem "Tatort"-Kommissar Freddy Schenk? Ich würde sagen: nichts.

SPIEGEL ONLINE: Vor Urzeiten haben Sie am Wuppertaler Stadttheater im hautengen Glitzerkostüm Kaa, die Schlange aus dem "Dschungelbuch", gespielt. Welche Rolle passt besser zu Ihnen, Kaa oder Duke?

Bär: Das ist 30 Jahre her. Zuerst habe ich gedacht, es wird bestimmt ein Balu auf mich zukommen, aber da wir zwei dicke Jungs im Ensemble hatten, spielte Josef Ostendorf den Balu und ich Kaa und den Wolf. Die größte physische Herausforderung war nicht das hautenge Paillettenkleid, sondern es waren die grünen High Heels. Da habe ich zum ersten Mal verstanden, was Frauen zu leisten haben. Am Anfang haben die Mittelfüße sehr geschmerzt. Aber diese High Heels geben einem sofort eine andere Körperhaltung.

SPIEGEL ONLINE: Was ist die größte Herausforderung als Synchronsprecher?

Bär: Ich bin kein hauptberuflicher Synchronsprecher. Normalerweise synchronisiere ich nur meine eigenen Filme nach, wenn es Schadstellen gibt. Heute muss ich zum Beispiel noch zum Nachsynchronisieren des letzten "Tatort"-Drehs. Es sind nur 15 Takes, da bin ich zufrieden. Man muss auch unterscheiden zwischen der Synchronisation eines Animationsfilms und der eines Schauspielerkollegen aus Fleisch und Blut. Animationsfilme und Hörspiele liegen viel dichter am Theater als der Film mit realen Charakteren.

SPIEGEL ONLINE: Inwiefern?

Bär: Beim Theater, insbesondere beim Weihnachtsmärchen, muss man dem Affen Zucker geben, alles ein bisschen übertreiben. Man spielt auf der Bühne eben größer als im Film. Also, wenn Duke sich freut, dass er mit wehenden Ohren Auto fahren darf, dann dreht er so richtig durch und das muss meine Stimme zum Ausdruck bringen.
SPIEGEL ONLINE: Orientieren Sie sich an der originalen Vorlage?

Bär: Ich frage mich natürlich, wie es der amerikanische Kollege gemacht hat. Bevor es losging, durfte ich mir die Originalfassung von "Pets2" anschauen.

SPIEGEL ONLINE: Und wie lief dann die Synchronisation, wie eine riesengroße Haustierparty?

Bär: Nein, im Gegenteil, jeder wird einzeln aufgenommen, Abschnitt für Abschnitt. Man bekommt zunächst einen kurzen amerikanischen Take zu hören. Wenn andere Kollegen oder Kolleginnen schon vorher gearbeitet haben, spielt der Regisseur einem das auch kurz vor. Es ist manchmal hilfreich zu wissen, wie die anderen sich darstellen.

SPIEGEL ONLINE: Vermissen Sie die Arbeit mit dem ganzen Körper, wenn Sie nur Ihre Stimme einsetzen?

Bär: Sie können sich gar nicht vorstellen, welche Verrenkungen und Gesichter wir machen, um an das zu kommen, was da gerade auf der Leinwand passiert. Also fühle ich mich keineswegs reduziert.

SPIEGEL ONLINE: Sind Sie mit Haustieren aufgewachsen?

Bär: Als Kind hatte ich einen Hamster und ein Aquarium. Ich war Mitglied im Aquariumklub der Schule und bin regelmäßig mit dem Fahrrad zu einem nahen Tümpel gefahren, um Wasserflöhe und Mückenlarven zu holen. Ab und zu brachte ich einen Plastikbeutel mit einem neuen Fisch aus der Stadt nach Hause. Den Beutel habe ich erst mal aufs Wasser gelegt, um die Temperatur auszugleichen, und dann das Fischchen, das ja voll im Stress war, vorsichtig ins Wasser gelassen. Je teurer die Biester sind, desto empfindlicher sind sie.

SPIEGEL ONLINE: Haben Sie derzeit Haustiere?

Bär: Im ersten "Pets"-Film sieht man, wie Max, der Terrier, immer sehnsüchtig in der Wohnung vor der Tür sitzt und auf sein Frauchen wartet. Diesen Ansprüchen eines Haustiers könnte ich bei meinem Beruf nicht gerecht werden. Aber ich mochte schon immer den Eigensinn und die Unabhängigkeit von Katzen.